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Fachtag: Alles geregelt?! Geschlechtliche und sexuelle Vielfalt in der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit verankern

Angebote der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit haben das Ziel und den gesetzlichen Auftrag, für alle jungen Menschen offen zu sein, Benachteiligungen abzubauen und Gleichberechtigung zu fördern - unabhängig von Geschlecht und sexueller Orientierung. Seit der Reformierung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (SBG VIII) im Juni 2021 steht nun auch im Gesetzestext fest, dass "die unterschiedlichen Lebenslagen von Mädchen, Jungen sowie transidenten, nichtbinären und intergeschlechtlichen jungen Menschen zu berücksichtigen sind". Zusätzlich tritt ab November 2024 das - durchaus umstrittene - "Selbstbestimmungsgesetz" in Kraft, wodurch sich die lang ersehnte Änderung des Geschlechtseintragt vereinfacht.

Dann ist ja jetzt alles geregelt?!

Leider nein. Denn die Realität der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit zeigt, dass Einrichtungen, Träger und pädagogische Mitarbeitende nach wie vor häufig vor Herausforderungen der praktischen Umsetzung stehen. Wie werden queere Jugendliche in der Einrichtungskonzeption und in den Angeboten gut berücksichtigt? Wie sehen ihre Lebensrealitäten überhaupt aus? Reicht es aus, „offen und tolerant” zu sein? Wie können Fachkräfte mit queerfeindlichen Sprüchen umgehen und einen diskriminierungsarmen Raum schaffen? Was brauchen Jugendliche, um sich in Einrichtungen willkommen und wertgeschätzt zu fühlen? Was muss ich als Fachkraft in der Jugendarbeit oder Jugendsozialarbeit wissen, um dem gesetzlichen Anspruch gerecht zu werden?

Für diese und weitere Fragen wollen wir beim Fachtag „Alles geregelt?! Geschlechtliche und sexuelle Vielfalt in der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit verankern“ zur Auseinandersetzung mit der eigenen Haltung anregen und gemeinsam Antworten finden. Durch die Fachvorträge am Vormittag wird zudem Fachwissen zu den genannten Gesetzen vermittelt, das Orientierung in den aktuellen Diskursen gibt.

Die Veranstaltung richtet sich an Fachkräfte, Pädagog*innen, Ehrenamtliche und Studierende aus der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit sowie Interessierte aus angrenzenden Arbeitsfeldern, Politik, Verbänden und Interessensgemeinschaften.

Die Genderqualifzierungsoffensive V (GeQuO V) ist ein Projekt der LAG Mädchen*politik Baden-Württemberg in Kooperation mit dem Jugendverband des Netzwerks LSBTTIQ Baden-Württemberg Queer Future Baden-Württemberg. Finanziert durch das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration aus Landesmitteln, die der Landtag Baden-Württemberg beschlossen hat.


Tagungsprogramm:

VORTRAG I: ALLES SO SCHÖN BUNT HIER!? — GESCHLECHTLICHE UND SEXUELLE VIELFALT IM KINDER- UND JUGENDSTÄRKUNGSGESETZ UND DIE HERAUSFORDERUNGEN FÜR DIE KINDER- UND JUGENDHILFE
Das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz hat mit dem § 9 SGB VIII den aktuellen Stand der Fachdebatte aufgenommen, die mit der Anerkennung geschlechtlicher und sexueller Vielfalt, der Anerkennung von Inklusionsbedarf sowie der Anerkennung intersektionaler Lebenswirklichkeiten verbunden sind. Der Vortrag geht auf diese Perspektiven ein und nimmt eine Präzisierung für pädagogisches und konzeptionelles Handeln vor.

Prof. Dr. Melanie Groß ist seit 2008 Professorin für Jugendarbeit an der Fachhochschule Kiel und arbeitet schwerpunktmäßig zu geschlechtertheoretischen Perspektiven auf Jugend und Jugendarbeit.

VORTRAG II: HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH! – ES IST EIN SELBSTBESTIMMUNGSGESETZ …
Am 12.04.2024 war es endlich so weit: Das Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) hat die wichtigste Hürde mit der Verabschiedung im Bundestag genommen und wird zum 01.11. endlich in Kraft treten. Endlich können Menschen ohne Begutachtungen und Gerichte selbst entscheiden, welcher Geschlechtseintrag und welche Vornamen für die eigene Person passend sind. Der Beschlussentwurf des Selbstbestimmungsgesetzes enthält im Vergleich zu früheren Versionen zwar einige Verbesserungen, aber leider auch noch immer Passagen, die kritikfähig sind und hinter menschenrechtlichen Standards zurückbleiben. Über diese Aspekte und über die Bedeutung des Gesetzes für trans* und nicht-binäre Jugendliche sowie für therapeutische und pädagogische Fachkräfte möchte ich in meinem Vortrag sprechen.

Isabelle Melcher ist Heilpraktikerin für Psychotherapie in eigener Praxis, aktiv im Netzwerk LSBTTIQ BW, beim VLSP sowie im Bereich der queeren Jugendarbeit in Ulm.
Außerdem ist sie Mitbegründerin des queeren Jugenddachverbandes „Queer Future“ in Baden-Württemberg.


  Die Workshops finden parallel von 14:30 - 16:00 Uhr statt. Sie können einen der fünf Workshops auswählen.  


Workshop 1: Vielfalt von Geschlecht in der Jugendarbeit – Wie können wir trans* und nicht-binäre junge Menschen gut begleiten und unterstützen?
Wir berichten von unseren eigenen Erfahrungen und geben einen Einblick in die Entwicklung der queeren Jugendarbeit, insbesondere mit trans* und nicht-binären Jugendlichen, in den letzten Jahren. Wir beschäftigen uns mit der Frage was (queere) Jugendarbeit leisten kann und sprechen über mögliche Herausforderungen und Grenzen. Dabei wollen wir den Teilnehmenden die Möglichkeit geben, eigene Erfahrungen und Expertisen mit in den Workshop einzubringen. Wichtig ist uns insbesondere die Bedeutung von „sicheren Räumen“ für Angebote der queeren Jugendarbeit aufzuzeigen, damit eine bedarfsgerechte und wertschätzende Unterstützung von jungen queeren, insbesondere trans* und nicht-binären Menschen vielleicht auch in Ihrer Einrichtung besser realisiert werden kann.

Isabelle Melcher ist Heilpraktikerin für Psychotherapie in eigener Praxis, aktiv im Netzwerk LSBTTIQ BW, beim VLSP sowie im Bereich der queeren Jugendarbeit in Ulm. Außerdem ist sie Mitbegründerin des queeren Jugenddachverbandes „Queer Future“ in Baden-Württemberg.
Irina Pazurek ist Gruppenleiterin der „TeenGender“ Jugendgruppe in Ulm


Workshop 2: „Ich bin okay - du bist okay“ – Warum wir in Zeiten geschlechtlicher Vielfalt bewusst geschlechtsbezogene Räume anbieten und welche Chancen wir darin sehen
Im Rahmen dieses Workshops berichten wir von unseren Erfahrungen im Mädchen*gesundheitsladen und bei Jungen* im Blick – den geschlechtsbezogenen Präventions- und Beratungsstellen zu Gesundheitsförderung, sexueller Bildung, Sucht– und Gewaltprävention. Welche Chancen bieten geschlechtshomogene Workshops u.a. im Bereich sexuelle Bildung? Wie gelingt es in unserem Rahmen adäquate Angebote für LSBTIQ-Jugendliche zu machen und die verschiedenen Perspektiven in den Blick zu nehmen? Wie gelingt es, Sichtbarkeit der LSBTIQ-Community zu gewährleisten, solidarische Räume zu öffnen und Mädchen* und Jungen* bei der Entwicklung der Akzeptanz von Vielfalt geschlechtlicher Identitäten und sexueller Orientierungen zu unterstützen? Wir freuen uns auf den Austausch mit den Teilnehmenden.

Julia Hirschmüller (sie/ihr), Dipl. Sozialpädagoin (FH), Mitarbeiterin im Mädchen*gesundheitsladen, GesundheitsLaden e.V.


Workshop 3: „Was macht das mit dir?“ - Musikrezeption und Geschlechtergerechtigkeit
Musikkultur ist ein wesentlicher sozialisatorischer Faktor für junge Menschen. Musiker*innen beziehen die Identifikation ihrer Fans in künstlerische Entscheidungen und Marketingstrategien ein. Das kann insbesondere für marginalisierte, z.B. queere Kinder und Jugendliche unheimlich empowernd sein, aber auch problematischen Ideologien zuarbeiten. Wie rezipieren eure Kinder und Jugendlichen Musik? Welche Trends und Faszinationen beobachtet ihr? Was schockt oder überfordert euch? Was macht euch selbst Spaß und gibt euch Hoffnung? Der Workshop bietet Raum für die Frage, wie wir als Erwachsene Kinder und Jugendliche in eine kritische und zugleich freudvolle Musik-Leidenschaft begleiten können.

Sookee ist Antifaschistin, Musikerin und Mutter. Im Schnittmengenfeld aus Kultur und Politik interessiert sie sich in ihrer Arbeit insbesondere für Fragen sozialer Gerechtigkeit. Seit einiger Zeit befasst sie sich mit dem Thema Adultismus (also dem gesellschaftlichen Machtverhältnis zwischen Erwachsenen und Kindern/Jugendlichen), was sich unter anderem in ihrer Hinwendung zur Kinderkultur als „Sukini“ zeigt.


Workshop 4: Queere [vireale] Lebenswelten
Die Lebenswelten von queeren Jugendlichen sind vielfältig und von intersektionalen Verschränkungen durchwoben. Verschiedenste Sozialräume werden aufgrund von intersektionalen Diskriminierungserfahrungen und potenziellen Ermöglichungsmomenten bestimmt: Beispielsweise kann Abwertung und Ausgrenzung in der Familie oder in der Schule sich zeitgleich mit Unterstützung in queeren aufsuchenden off- und online Beratungsangeboten und digitalen Empowermenträumen abspielen. Diese Verschränkungen und Gleichzeitigkeiten werden wir in unserem Workshop aus unterschiedlichen Zugängen gemeinsam beleuchten und daraus Bedarfe und Handlungsmöglichkeiten für die pädagogische Praxis diskutieren.

Lukas Steiner, Soziale Arbeit (B.A.), Traumapädagog*in / Traumafachberater*in (DeGPT/FVT), Beratende Person im Netzwerk LSBTTIQ*- BW 
Patrick Herzog, Spiel- Medienpädagoge M.A. / Dipl. Sozialpädagoge (FH) / Jungen*arbeiter;
beide Mitarbeitende bei Antihelden* / Verein zur Förderung von Jugendlichen e.V.


Workshop 5: Von der feministischen Mädchen_arbeit zu feministischer Jugendarbeit für Mädchen, trans, inter und nicht-binäre Kinder und Jugendliche, Tritta* e.V. (Freiburg)
Diskriminierung aufgrund ihres Geschlechts erfahren neben Mädchen, auch trans, inter und nicht-binäre Kinder und Jugendliche. Sie alle haben deshalb einen Bedarf an Empowerment, guten Räumen und unterstützenden Angeboten. Aus der feministischen Mädchen_arbeit kommend war es für uns klar, dass wir auch junge TIN-Personen erreichen möchten. Nach einem umfassenden Prozess zur trans*inklusiven Öffnung sind unsere Angebote für Mädchen, trans, inter und nicht-binäre Kinder und Jugendliche offen. In diesem Workshop sprechen wir über unsere Ausgangsfragen, unser Herangehen, unsere einzelnen Schritte, Zwischenbilanzen und unseren Jetzt-Stand und möchten so einen best-practise-Beitrag für andere Einrichtungen
leisten - sowohl für Mädchen-Einrichtungen, aber auch für Jugendeinrichtungen, die „all gender“ arbeiten. Im Workshop ist Platz für viele Fragen!

Martina Hocke (sie/ihr), Dipl. Sozialpädagog*in (FH), arbeitet seit über zwei Jahrzehnten bei Tritta* - Verein für feministische Jugendarbeit e.V. und hat den Prozess von Anfang an begleitet.


PRAXIS GOES POLITIK: AUSTAUSCH ZU FACHPOLITISCHEN FORDERUNGEN

Im Anschluss an die Workshops wollen wir uns in Gruppen zusammentun, um Forderungen an die Politik zu sammeln, die sich aus den Vorträgen, den Workshops oder aus Ihrer Arbeitserfahrung zum Thema sexuelle und geschlechtliche Vielfalt in der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit ergeben.


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