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(Online-)Fachtag 2021 Vielfalt und Interkulturalität im U3-Bereich
Vielfalt und Interkulturalität prägen unsere Gesellschaft und somit auch die Entwicklungs- und Lebensräume der Jüngsten von Anfang an. Die Entwicklung von interkulturellen Kompetenzen, Respekt und Wertschätzung der Kultur und Individualität jedes Einzelnen und die Offenheit gegenüber den Bedürfnissen des Anderen sind grundlegende Entwicklungsziele der frühpädagogischen und demokratischen Bildung. Dazu gehört auch die Anerkennung jedes Kindes mit seinen individuellen Bedürfnissen, Kompetenzen und Vorlieben und seine Beteiligung am Kita-Alltag. Dies ist essentiell für qualitative Krippenpädagogik.
Eine qualifizierte Vermittlung interkultureller Kompetenz, die Offenheit gegenüber Diversität und Kultur und eine offene, wertschätzende und kulturbewusste Haltung gegenüber Kindern und ihren Familien sind Kernkompetenzen der U3-Fachkraft. Wie gelingt interkulturelle Pädagogik im Kita-Alltag und wo liegen Besonderheiten in der Arbeit mit Kindern unter drei Jahren? Wie gestalten wir eine offene, diverse Kitakultur, in der jede*r willkommen ist? Was zeichnet gute Elternarbeit im interkulturellen Kontext aus und wie gelingt Beteiligung in Alltags- und Übergangssituationen, trotz Sprachbarrieren und fremden Ritualen?
In einem Impulsvortrag von Prof. Dr. Heidi Keller werden grundlegende Fragestellungen zu interkultureller Praxis, Kulturbewusstsein und interkultureller Kompetenz aufgegriffen und in anschließenden Workshops konkrete Bereiche der U3-Praxis diskutiert und reflektiert.
Freitag, 5. November 2021 │ 8:30-16:00 Uhr
Programm:
08:30 Uhr Einlass, Organisatorisches und Technik-Check
09:00 Uhr Begrüßung Stefan Dinter, Geschäftsführer LAG Freie Kinderarbeit Hessen e.V.
09:15 Uhr Vortrag: „Alle Menschen haben Kultur – aber nicht die gleiche“ Prof. Dr. Heidi Keller
11:00 Uhr Pause
11:15 Uhr Workshops
12:45 Uhr Mittagspause
13:45 Uhr Workshops
15:15 Uhr Pause
15:30 Uhr Abschluss
16:00 Uhr Ende der Veranstaltung
Allgemeiner Hinweis zu den Workshops: Sie nehmen am Veranstaltungstag an zwei Workshops, einem am Vormittag und einem am Nachmittag, teil.
Kulturbewusste Pädagogik in der Krippe (Workshop 1)
Peggy Bresnik, Erzieherin und Coach
Menschen entwickeln im Laufe ihres Lebens eine Vorstellung davon, wie Kinder aufwachsen. Die Vorstellungen sind für uns selbstverständlich und werden als „normal“ betrachtet. Im Zusammenleben in der Krippe oder Krabbelstube wird schnell deutlich, dass verschiedene „Normalitäten“ aufeinandertreffen. Ein kulturbewusster Umgang miteinander ist in diesem Zusammenhang bedeutsam. Interkulturelle Kompetenzen sensibilisieren für kulturelle Unterschiede und bilden die Basis für eine gute, vertrauensvolle und wertschätzende Bildung, Betreuung und Erziehung.
Aber wie gelingt es Fachkräften Alltagssituationen und Bedürfnisse, die durch die Kultur und Bedürfnisse der Kinder von Diversität geprägt sind, zu verstehen und einen angemessenen Umgang zu finden? Wie können Schlüsselsituationen im Alltag und Übergangssituationen so individuell gestaltet werden, damit sich kleine Kinder verstanden und wohl fühlen können und ihre Gewohnheiten wiederfinden? Im Workshop wird die eigene kulturbewusste Haltung und der pädagogische Alltag reflektiert und praxisorientierte Lösungsansätze erarbeitet.
Kleine Kinder – k(l)eine Vorurteile? Vorurteilsbewusste Bildung und Erziehung in der Krippe (Workshop 2)
Eva Mauser, Fachreferentin und Multiplikatorin für den Bildungs- und Erziehungsplan
Die außerfamiliäre Betreuung bietet eine erste Erweiterung des Erfahrungs- und Beziehungsraums junger Kinder. Es gilt, den eigenen Platz in der Gemeinschaft zu finden, das Ich zu entwickeln und Vielfalt zu (er)leben. Von Geburt an sind Kinder nicht nur Baby, Kleinkind, Mensch, sondern *Mädchen oder *Junge, Kind mit oder ohne *Migrationshintergrund, Teil einer *Familienkultur. Dies sind einige Beispiele für unser Denken in Kategorien, die hilfreich sind, um sich in der komplexen Welt zu orientierten. Aber: Sie generieren unter Umständen auch Vorurteile, bei Kindern sprechen wir von „Vor-Vorurteilen“. Im Workshop werden diese (Selbst-)Bildungsprozesse betrachtet und der pädagogische Alltag im Hinblick auf die „Vier Ziele Vorurteilsbewusster Bildung und Erziehung©“ reflektiert: Identität stärken, Erfahrungen mit Vielfalt ermöglichen, kritisches Denken anregen und Aktivwerden gegen Ungerechtigkeit und Diskriminierung.
Eine gemeinsame Sprache finden: Kulturbewusste Zusammenarbeit mit Familien (Workshop 3)
Corina Jäger, LAG-Fachberaterin im Bundesprogramm „Sprach-Kitas“
Der Kita-Alltag ist geprägt durch Begegnungen zwischen Menschen mit unterschiedlichsten Vorstellungen von Bildung, Erziehung und Betreuung. Wie gelingt ein Zusammenwirken von Kindertageseinrichtung und Familien auf dieser Grundlage? Wie wecken Fachkräfte Neugierde und Verständnis für vielfältigste Konzepte bei allen Beteiligten? Wie können die verschiedenen Ressourcen der Familien in die frühkindliche Bildungsarbeit einbezogen werden, ohne sich Stereotypen zu bedienen?
In diesem Workshop beschäftigen wir uns damit, was Kulturbewusstheit in der Zusammenarbeit mit Familien bedeutet und was es braucht, um eine dialogische und ko-konstruktive Grundhaltung einzunehmen. Ziel ist es, eine gemeinsame Sprache zwischen Fachkräften und Familien zu finden, bei der das Kind weiterhin im Mittelpunkt steht und welche die Kompetenzen und Ressourcen aller Beteiligten berücksichtigt.
Mehrsprachigkeit und alltagsintegrierte Sprachbildung für Kinder unter drei (Workshop 4)
Petra Bernhardt, Dipl.-Pädagogin und zert. Organisationsberaterin für Bildungseinrichtungen
Der Mensch ist von Geburt an prädestiniert dafür, mühelos mehrere Sprachen zu erlernen. Dies bestätigt wieder einmal, dass kleine Kinder keine defizitären Wesen sind, sondern kompetente Lerner und extrem gut ausgestattet für die Herausforderungen des Lebens.
Jedoch brauchen sie gute Bedingungen, zugewandte und responsive Erwachsene, damit die Sprachentwicklung, egal ob ein- oder mehrsprachig, gelingt. Im Workshop werden Grundlagen der Sprachentwicklung vorgestellt und Beispiele für die Umsetzung einer fördernden Sprachbegleitung für alle Kinder im pädagogischen Alltag diskutiert.
Frühe Kindheit und Geschlecht (Workshop 5)
Fabian Wagner, Dipl.-Soziologe und Trainer für Inklusion und Vielfalt
Geschlechtsidentität: Was hat dieses Thema in der Krippe und Krabbelstube zu suchen? Ist das nicht viel zu früh? Führt das nicht zu „Frühsexualisierung“ oder dem „Wanken geschlechtlicher Ordnung“? Der aktuelle gesellschaftliche und fachliche Diskurs macht das Thema in Bezug auf die Bildung, Betreuung und Erziehung in Kindertageseinrichtungen teilweise zu einem Reizthema.
Doch das ist es nicht. Denn vielleicht hat Meike zwei Mamas, Nikitas Eltern haben den Geschlechtseintrag offen gelassen und Murat spielt gerne mit Puppen und Rosa ist seine Lieblingsfarbe, auch wenn dies nicht zu geschlechtsstereotypen Vorstellungen der breiten Masse passt. Elternbriefe werden seit Neustem mit Gendersternchen ausgestattet und die neue Stelle vielleicht von einer trans*Person besetzt. Auch in der Krippe und Krabbelstube setzen wir uns täglich mit sexueller und geschlechtlicher Vielfalt auseinander, bemerken es aber manchmal gar nicht. Die Reflexion der eigenen Haltung und des Umgangs mit dem Thema ist Gegenstand des Workshops. Gemeinsam erarbeiten wir praxisnahe Ansätze und reflektieren den pädagogischen Alltag in Bezug auf Geschlechtsdiversität, deren Entwicklung und unsere Selbstverständlichkeit im Umgang mit sexueller Identität und Vielfalt von Kindern, ihren Eltern und dem Team.