Info
Menschen, die von sexualisierter Gewalt betroffen sind, haben dadurch mit lebenslangen Folgen zu kämpfen. Auch im Kontext der Diakonie ist Menschen Unrecht widerfahren. Die Traumatisierungen durch erlebte Gewalt in Einrichtungen können mit zunehmendem Alter erneut Ängste, Unsicherheiten und Abwehrhaltungen hervorrufen. Die mögliche eigene Angewiesenheit auf stationäre Hilfe und Pflege im Alter stellt für viele Betroffene eine besondere Herausforderung dar. Es gibt kaum bedarfsgerechte, traumasensible Angebote, zu wenig spezialisiertes Personal und keine gesicherten Finanzierungsmöglichkeiten.
Im Rahmen der Tagung wollen wir dieses Thema aufgreifen und zusammen mit Vertreter:innen aus Wissenschaft, Politik, Verbänden und Betroffenenvertretung wissenschaftliche Erkenntnisse, aktuelle Angebote und politische Möglichkeiten diskutieren, um diese Versorgungslücke zu schließen.
Die Tagung wird von der AG Diakonie aus dem Beteiligungsforum Sexualisierte Gewalt von EKD und Diakonie veranstaltet. Im Beteiligungsforum Sexualisierte Gewalt werden seit Juli 2022 alle Fragen, die sexualisierte Gewalt in der Evangelischen Kirche und Diakonie betreffen, von Betroffenenvertreter:innen und kirchlichen sowie diakonischen Leitungspersonen gemeinsam bearbeitet. In der AG Diakonie, arbeiten Vertreter:innen aus der Diakonie und Betroffene, die in diakonischen Einrichtungen sexualisierte Gewalt erlebt haben, zusammen an zentralen Themen der Prävention und Aufarbeitung.
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PROGRAMM
Moderation: Dr. Marlene Kowalski
10:00 Begrüßung
Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik, Diakonie Deutschland
Sophie Luise, Betroffenenvertreterin Beteiligungsforum Sexualisierte Gewalt von EKD und Diakonie
10:10 Grußworte
Dr. Anne Gidion, Bevollmächtigte der EKD bei der Bundesrepublik Deutschland
Evelyn Zupke, SED-Opferbeauftragte beim Deutschen Bundestag
10:20 Vorstellung der Arbeit des Beteiligungsforums Sexualisierte Gewalt und der AG Diakonie
Detlev Zander, Sprecher Betroffenenvertretung Beteiligungsforum Sexualisierte Gewalt von EKD und Diakonie
10:40 Impulsvortrag „Dann stellt man sich mal vor, man sperrt mich ... in ein Altenheim“: Bedarfe und Bedürfnisse Betroffener sexualisierter Gewalt im Alter“
Prof. Dr. Silke Gahleitner, Alice Salomon Hochschule Berlin
11:40 Replik aus Betroffenenperspektive
Manuela Nicklas-Beck, Betroffenenvertreterin Beteiligungsforum Sexualisierte Gewalt von EKD und Diakonie
Würdigung/Kenntnisnahme durch die Diakonie Deutschland
Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik, Diakonie Deutschland
12:00 - Mittagspause –
13:00 Impulsvortrag „Traumatische Erfahrungen und posttraumatische Belastungsstörungen im Alter - Traumasensibilität und die Unterstützungsbedarfe von Betroffenen sexualisierter Gewalt“
Prof. Dr. Jürgen Eilert, CVJM Hochschule Kassel
13:40 Praxiseinblick: Modellprojekt zu einer traumasensiblen Wohngemeinschaft für Frauen ab 60 Jahren in Köln
Martina Böhmer, Paula e.V., Köln
14:00 Workshops zu verschiedenen Schwerpunktthemen
I. Individuelle Bewältigungsstrategien und die Rolle der Biographiearbeit bei der Bearbeitung von Traumata
Der Umgang mit traumatischen Erlebnissen kann im Alter eine besondere Herausforderung darstellen. In dem Workshop wollen wir darüber ins Gespräch kommen, welche individuellen Bewältigungsstrategien Menschen im Umgang mit Traumata entwickeln können und welche Rolle die Biografiearbeit in diesem Zusammenhang einnehmen kann. Der Fokus liegt dabei auf der individuellen Bearbeitung und Bewältigung von Traumata durch biographische Ansätze sowie dem Erkennen und der Stärkung eigener Ressourcen.
Manuela Kiss, Diplom-Pädagogin, Systemische Familientherapeutin, Traumatherapeutin, Resilienz- und Anti-Stress-Trainerin, Gesundheitscoach, Potsdam
II. Resilienz im Umgang mit Traumata - Möglichkeiten der Entwicklung von Widerstandskraft im Alter
Traumaerfahrungen erniedrigen. Wer erniedrigt wurde, braucht Aufrichten, braucht Stärkung und Wertschätzung. Auch im Alter. Konzepte, Methoden und Praxiserfahrungen zur Stärkung von Resilienz werden in diesem Workshop vorgestellt, u.a. aus den Wertschätzungsgruppen des Projektes „Alter und Trauma“ in NRW.
Dr. Udo Baer, Pädagoge, Traumatherapeut und Kreativer Leibtherapeut, Mitbegründer und Berater der Zukunftswerkstatt therapie kreativ und Wissenschaftlicher Leiter des Instituts für Gerontopsychiatrie (IGP), Vorsitzender der Stiftung Würde, Fachbuchautor, Berlin
III. Sensibilisierung und Qualifizierung von Fachkräften - Erkennen, Anerkennen und sicheren Kontakt gestalten
Manchmal rückt im Alter die Vergangenheit näher und zurückliegende Erinnerungen an belastende Erlebnisse – wie sexualisierte Gewalterfahrungen – können verstärkt wieder aufbrechen. Die Auswirkungen dieser Trauma-Reaktivierung können sich im Kontakt mit älteren Menschen in ganz unterschiedlichen Verhaltensweisen äußern und das soziale Umfeld, professionell Pflegende oder pflegende Angehörige vor große Herausforderungen stellen. In dem Workshop werden bereits bestehende Ansätze aus der Praxis zum Umgang mit Betroffenen vorgestellt und weitere Bedarfe zur Qualifizierung von Fachkräften und zur Stärkung von pflegenden Angehörigen gesammelt.
Anke Lesner, Diplom-Pädagogin, Leiterin der Beratungsstelle Wildwasser Bielefeld e.V. und unterschiedlicher Projekte zum Themenfeld „Alter und Trauma“
Sophie Luise, Betroffenenvertreterin Beteiligungsforum Sexualisierte Gewalt von EKD und Diakonie, Pflegefachkraft
IV. „Als die Patientin mir das Tablett vor die Füße warf" - Kommunikation trotz Verletzung – Menschlichkeit statt Konfrontation
Wer verletzt ist und Traumatisierungen erfahren hat, reagiert mitunter im Alltag heftiger, auch aufgrund von unbewussten Triggern. Dann kann es auch zu Verletzungen des Gegenübers kommen. Wenn der, der helfen will, angegriffen wird, reagiert auch er verständlicherweise heftig und mit Abwehr. Solche Situationen eskalieren schnell und sind für beide Seiten schmerzvoll. Dann ist die Kommunikation blockiert und es findet gerade keine Verständigung mehr statt. Die Not des anderen zu verstehen bzw. die eigene Hilflosigkeit oder Angst zu verbalisieren, eine eigene Haltung zu finden und diese auch im Konflikt zu halten, bietet einen Ausweg aus diesem Dilemma und schafft Lebensqualität. Anhand von Beispielen und eigenen Erfahrungen betrachten wir aus unterschiedlichen Blickwinkeln die Kommunikation mit betroffenen Personen und probieren Lösungsstrategien aus.
Dr. Angelika Censebrunn-Benz, Historikerin, zahlreiche Projekten zum DDR-Heimsystem, Coach, Trainerin und Dozentin im Studiengang Soziale Arbeit an der Alice-Salomon-Hochschule Berlin
V. Traumasensible Unterstützung für von sexualisierter Gewalt betroffene alte Frauen
Im Workshop wird vorgestellt, warum eine traumasensible Unterstützung für alte Frauen in Pflege, Betreuung und Beratung nötig und wie sie umsetzbar ist. Dazu wird die Beratungsstelle Paula e.V. vorstellt und es werden Praxisbeispiele der Teilnehmer:innen besprochen. Gemeinsam werden die Spezifika der traumasensiblen Unterstützung insbesondere älterer Frauen herausgearbeitet und diskutiert.
Martina Böhmer, Referentin und Beraterin in der Altenhilfe, Fachbuchautorin, Fachberaterin für Psychotraumatologie, Gründerin und Geschäftsführerin von Paula e.V., Beratungsstelle für Frauen ab 60, Köln
15:15 - Kaffeepause mit Gallery Walk -
Ausstellung und Austausch zu Erkenntnissen und Impulsen aus den Workshops
15:45 Diskussionsrunde "Traumasensible Begleitung von Betroffenen – Möglichkeiten der Unterstützung, Aufarbeitung und Erinnerungskultur"
Klaus Andersen, Vorsitzender des Komitees Aufarbeitung und Prävention der Brüdergemeinde Korntal
Dr. Udo Baer, Wissenschaftlicher Leiter des Instituts für Gerontopsychiatrie (IGP)
Dr. Janosch Dahmen, MdB, Gesundheitspolitischer Sprecher, Bündnis 90/Die Grünen (angefragt)
Marit Kämmerer, traumatherapeutische Mitarbeiterin bei UNSER HAUS, Projekt für und von Menschen mit Heimerfahrung, Berlin
Manuela Nicklas-Beck, Betroffenenvertreterin Beteiligungsforum Sexualisierte Gewalt von EKD und Diakonie
Detlev Zander, Sprecher Betroffenenvertretung Beteiligungsforum Sexualisierte Gewalt von EKD und Diakonie
16:45 Abschluss-Statements
17:00 - Ende der Tagung -
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INFORMATIONEN
Während der Veranstaltung wird es eine Rückzugsmöglichkeit sowie Gesprächsangebote für Betroffene geben.
IMPULSGEBER:INNEN
Prof. Dr. Silke Gahleitner ist seit 2006 als Professorin für Klinische Psychologie und Sozialarbeit mit dem Schwerpunktbereich „Psychosoziale Diagnostik und Intervention“ an der Alice Salomon Hochschule Berlin tätig. Ferner ist sie Mitglied in der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs.
Prof. Dr. Jürgen Eilert ist seit 2011 Professor für Soziale Arbeit/Theorien der Sozialen Arbeit an der CVJM-Hochschule. Er hat an der an der FU Berlin über Menschenrechtsverletzungen im deutschen Heimsystem, sowie deren psychosozialen, systemischen und kulturgeschichtlichen Voraussetzungen promoviert.
ÜBERNACHTUNGSMÖGLICHKEITEN
Folgende Hotels in fußläufiger Nähe zum Veranstaltungsort können wir empfehlen:
Reise- und Übernachtungskosten von Betroffenen können auf Wunsch übernommen werden.
Bitte wenden Sie sich hierzu an Janina Zielke, Fachstelle „Aktiv gegen sexualisierte Gewalt“ der Diakonie Deutschland (janina.zielke@diakonie.de).
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