Anmeldung beendet
Info
Im Rahmen des Arbeitsschwerpunktes „Recht haben - Recht bekommen“ führt die Aktion Mensch in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Institut für Menschenrechte ein virtuelles Fachgespräch zum Thema „Zugang zur Justiz für Menschen mit Behinderungen – Artikel 13 der UN- Behindertenrechtskonvention“ durch.
Anlässlich eines jüngst vom Deutschen Institut für Menschenrechte zu diesem Thema veröffentlichten Papiers soll der Zugang zur Justiz für Menschen mit Behinderungen aus verschiedenen Perspektiven betrachtet werden. Auf Basis der Erkenntnisse dieses Papiers werden drei Impulsbeiträge aus der Sicht der Sozialberatung, der Anwaltschaft und der Gerichte die Frage beleuchten, wie es in der Alltagspraxis um den Zugang zur Justiz für Menschen mit Behinderungen bestellt ist. Abschließend wird eine virtuelle Podiumsdiskussion die Frage erörtern, wie ein nahtloser und barrierefreier Zugang zur Justiz für Menschen mit Behinderungen gewährleistet werden kann.
Die Möglichkeit über die Veranstaltungsplattform schriftlich Fragen an die Vortragenden zu stellen, steht allen Teilnehmenden offen. Dolmetschende für leichte Sprache, Gebärdensprache und Untertitel werden zur Verfügung gestellt.
Programm: 
13:30 – 14:00 Virtuelles Ankommen 
 
14:00 – 14:10 Begrüßung 
Christina Marx, Leiterin Aufklärung, Aktion Mensch 
Dr. Leander Palleit, Abteilungsleitung Monitoring-Stelle, Deutsches Institut für Menschenrechte  
 
14:10 – 14:20 Programmübersicht  
Lutz Kubitschke, empirica Gesellschaft für Kommunikations- und Technologieforschung mbH 
 
14:20 – 14:40 Zugang zur Justiz für Menschen mit Behinderungen durch die Garantie eines kompetenten Rechtsbeistands   
Max Knackendöffel, Deutsches Institut für Menschenrechte  
  Artikel 13 der UN-Behindertenrechtskonvention schreibt vor, dass ein gleichberechtigter Zugang zur Justiz für Menschen mit Behinderungen gewährleistet werden muss. Unter der Leitung der damaligen UN-Sonderberichterstatterin für die Rechte von Menschen mit Behinderungen, Catalina Devandas Aguilar, wurden internationale Grundsätze und Leitlinien entwickelt, um zu erläutern, wie der Zugang zum Recht für Menschen mit Behinderungen in der Praxis gewährleistet werden kann. Die im August 2020 veröffentlichten Grundsätze liegen jetzt in deutscher Übersetzung vor. Besonders beleuchtet werden soll in diesem Vortrag Grundsatz 6: „Menschen mit Behinderungen haben das Recht auf unentgeltlichen oder erschwinglichen rechtlichen Beistand.“
14:40 – 15:00 Zugang zur Justiz durch allgemeine Beratung  
Ulrike Häcker, Kompetenzzentrum Selbstbestimmtes Leben, Detmold 
  Die allgemeine Beratung durch z.B. Organisationen, Vereine, Verbände oder unabhängige Teilhabeberatungen bieten Menschen mit Behinderungen Beratungsangebote, die bereits vor der Beantragung konkreter Leistungen in Anspruch genommen werden können. Nur wer seine Rechte kennt, kann sie auch beanspruchen und im Zweifelsfall einklagen, zum Beispiel wenn Leistungsträger*innen Leistungen zur Teilhabe ablehnen. Die Verfügbarkeit einer entsprechenden vorgerichtlichen Beratung ist daher ein wichtiger Baustein, um den Zugang zur Justiz für Menschen mit Behinderungen nahtlos und gleichberechtigt zu gewährleisten. Trotz solcher Beratungsangebote gibt es weiterhin Lücken und Hürden im System. Der Vortrag beleuchtet bestehende Barrieren beim Zugang zu allgemeinen Rechtsberatungsangeboten aus Sicht der Beratungsstellen. 
15:00 – 15:10 Pause  
 
15:10 – 15:30 Zugang zur Justiz durch anwaltliche Beratung  
Rechtsanwalt Dr. Martin Theben, Berlin   
  Laut UN-Behindertenrechtskonvention dürfen Menschen mit Behinderungen nicht in ihrem Recht zur Beauftragung ein*er Rechtsanwält*in beschränkt werden. Dies beinhaltet insbesondere das Recht auf einen kompetenten und bezahlbaren oder kostenfreien Rechtsbeistand. Beratungs- und Prozesskostenhilfe sind eine Möglichkeit für alle Menschen einen erschwinglichen Rechtsbeistand zu gewährleisten. Damit Rechtsanwält*innen und Mandant*innen mit Behinderungen angemessen kommunizieren können, kann es jedoch notwendig sein, professionelle Dienstleistungen von Dritten in Anspruch zu nehmen. So kann es unter Umständen erforderlich sein Dolmetscher*innen für Gebärdensprache zu nutzen oder bestimmte Texte in leichte Sprache übersetzten zu lassen. Wenn solche Leistungen in der Beratungs- und Prozesskostenhilfe nicht angemessen berücksichtigt werden, können entsprechende Mandate von Anwält*innen unter Umständen nicht kostendeckend wahrgenommen werden und dürften zumindest in finanzieller Hinsicht als wenig lohnend erscheinen. Auch die Beteiligungsrechte, etwa von Menschen mit Lernschwierigkeiten in Betreuungsverfahren oder von Gehörlosen, sind nicht ausreichend gewahrt. Gebärdensprachdolmetscher*innen werden aus der Staatskasse nur dann finanziert, wenn die betreffenden Personen zwingend zum Gerichtstermin geladen wurden. Dolmetscher*innen für Leichte Sprache sind weder rechtlich noch tatsächlich vorgesehen. Im Ergebnis kann dies dazu führen, dass der Zugang zur Justiz für Menschen mit Behinderungen nur mit Einschränkungen gewährleistet werden kann. Im Vortrag sollen praktische Hürden im Alltag der anwaltlichen Rechtsberatung von Menschen mit Behinderungen aufgezeigt und mögliche strukturelle Barrieren identifiziert werden.  
15:30 – 15:50 Zugang zur Justiz durch barrierefreie Gerichtsverfahren   
Richter Dr. Peter Sdorra, Berlin  
  Damit der gleichberechtigte Zugang zur Justiz für Menschen mit Behinderungen von der Rechtsberatung bis hin zur Durchsetzung individueller Rechte nahtlos gewährleistet wird, müssen Mediations- und Gerichtsverfahren an sich barrierefrei sein. Dies beinhaltet z.B. die Sicherstellung eines barrierefreien Schriftverkehrs für Menschen mit Behinderungen und die Bereitstellung von Dolmetscherinnen und Dolmetschern für Mandantinnen und Mandanten oder Zeuginnen und Zeugen und andere am Gerichtsverfahren beteiligte Personen. Damit es während aller Schritte eines Verfahrens keine Barrieren für Menschen mit Behinderungen gibt, erscheint es wichtig, dass Gerichtspersonal, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sowie Richterinnen und Richter ausreichend dafür sensibilisiert sind, dass Menschen mit Behinderungen in verschiedenen Rollen vor Gericht erscheinen können. Zudem müssen je nach Bedarf unterschiedliche Hilfsmittel oder professionelle Dienstleistungen zur Herstellung von Barrierefreiheit zur Verfügung stehen. Andererseits können auch Richterinnen und Richter oder Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte schwerbehindert sein, was auch Sensibilität und Verständnis bei allen anderen Verfahrensbeteiligten ohne Behinderungen erfordert. Der Vortrag zeigt den Alltag in deutschen Gerichten auf und identifiziert Barrieren, die den Zugang zur Justiz für Menschen mit Behinderungen sowohl als Rechtssuchende als auch als Mitarbeitende erschweren können. Dabei soll es auch um die Frage gehen, wie es um die Barrierefreiheit an der Schnittstelle von gerichtsinternen Verfahrensabläufen und Abläufen der anwaltschaftlichen Vertretung bestellt ist, etwa wenn es um die schriftliche Kommunikation zwischen Gerichten und Prozessbeteiligten mit Behinderungen geht. Was können die Gerichte hier leisten und wo wären ggf. die Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen in der Pflicht? 
15:50 – 16:00 Pause  
  
16:00 – 16:45 Diskussionsrunde - Was muss passieren, damit in Deutschland ein nahtloser und barrierefreier Zugang zur Justiz für Menschen mit Behinderungen gewährleistet werden kann?  
Dagmar Schnürer, Rechtsanwältin, Berlin
Tatjana Teufel, Lebenshilfe Landesverband Baden-Württemberg, Stuttgart
Dr. Michael Richter, Rechtsberatungsgesellschaft "Rechte behinderter Menschen (rbm), Marburg und Berlin
sowie die Vortragenden der Impulsreferate
 
Moderation: Lutz Kubitschke und Charlotte Fabricius, empirica Gesellschaft für Kommunikations- und Technologieforschung mbH  
 
16:45 – 16:50         Verabschiedung und Schlussworte  
 
Dauer 2:50