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Info
nde der 1970er-Jahre erreichte das neue Phänomen des »Hacking« auch die beiden deutschen Staaten. Die Entstehung eigener Hackerkulturen in Ost und West schildert Julia Gül Erdogan in ihrem Buch »Avantgarde der Computernutzung. Hackerkulturen der Bundesrepublik und DDR«. Am 11. August 2021 ab 18 Uhr präsentiert sie ihre am ZZF erarbeitete Studie bei einer Online-Buchpremiere. An dem anschließenden Gespräch nehmen mit Bernd Fix und Marc Schweska auch zwei Zeitzeugen aus Ost und West teil. Der Förderverein des ZZF lädt als Gastgeber in die virtuellen Räume von »Gather.town«.
Programm
18:00 Uhr: Empfang der Gäste
18:15 Uhr: Begrüßung durch Martin Gorholt und Jutta Braun (ZZF Förderverein)
18:30 Uhr: Kurz-Vortrag von Julia Gül Erdogan
18:45 Uhr: Statements der Zeitzeugen Bernd Fix und Marc Schweska
19.05 Uhr: Q&A, Moderation: Jutta Braun
19:30 Uhr: Get Together und Treasure Hunt
In ihrem neuen Buch beschreibt Julia Gül Erdogan die ost- und westdeutschen Hacker und Haecksen als schillernde Vorreiter des Informationszeitalters, die sich zunächst explorativ und wenig zweckgerichtet mit Computern auseinandersetzten. Sie erkundeten verschiedene Möglichkeiten der Anwendung und Optimierung. Durch diesen spielerischen Umgang gelang es ihnen, Chancen und auch Risiken der bislang unbekannten Technologie aufzuzeigen. Einerseits als ungebetene Eindringlinge in vernetzte Rechnerstrukturen wahrgenommen, erlangten sie andererseits schnell einen gesellschaftlichen Status als Experten. In der Bundesrepublik entwickelten sie sich zu einer »Watchgroup« der zunehmend digitalisierten Gesellschaft.
Sowohl in der Bundesrepublik als auch in der DDR schufen Hacker-Gruppen neue Kontakträume wie Clubs oder Kongresse, um Computer erfahrbar zu machen. Hier konnten sie zeigen, dass die neuen Maschinen, die zunächst oft als langweilig oder gar entmenschlichend erachtet wurden, auch kreativ oder zur Unterhaltung genutzt werden können. Damit kam den Hackern und Haecksen eine zentrale Rolle bei der Computerisierung beider deutscher Gesellschaften zu.
Wie entstand die Szene und was wollte sie erreichen? Woher kam eigentlich die Technik? Wie reagierten Politik und Gesellschaft in Ost und West auf das Phänomen? Und gab es einen Austausch durch den Eisernen Vorhang? Über diese und viele weitere Fragen diskutiert das Podium im Rahmen der Buchpremiere. Zwei Vertreter der Computer-Avantgarde, Marc Schweska und Bernd Fix, werden sich mit der Autorin austauschen. Auch das Publikum ist eingeladen, sich an dem Gespräch zu beteiligen. Gastgeber ist der Verein der Freunde und Förderer des Leibniz-Zentrums für Zeithistorische Forschung Potsdam. Das Institut erforscht die deutsche und europäische Zeitgeschichte im 20. Jahrhundert und ihre Auswirkungen bis in die Gegenwart.
Marc Schweska wurde 1967 in Ost-Berlin geboren. Der gelernte Elektroniker und studierte Kulturwissenschaftler arbeitet heute als Schriftsteller. Mit »Zur letzten Instanz« legte er 2014 seinen Debüt-Roman vor. Die Geschichte von Vater und Sohn Pircks – zwei Computer-Experten aus unterschiedlichen Generationen, beide ganz Kinder ihrer Zeit – bietet unterhaltsame Einblicke in die ostdeutsche Bastler- und Tüftler-Szene.
Bernd Fix wurde 1986 Mitglied im Chaos Computer Club (CCC) und war von 1987 bis 1989 dessen Sprecher. Er beschäftigte sich vor allem mit dem Schutz vor Computerviren. Als CCC-Initiator Wau Holland 2001 verstarb, war Fix einer der Mitbegründer einer nach seinem langjährigen Freund benannten Stiftung, die bis heute dessen Engagement fortsetzt. Zusammen mit dem CCC unterhalt die Wau-Holland-Stiftung auch ein Archiv zur Dokumentation der Geschichte der Hacker-Szene. Zwischen 2011 und 2017 übernahm Bernd Fix die technische Projektleitung für die von der Stiftung finanzierten WikiLeaks-Projekte. Heute arbeitet er freiberuflich als Security Architect in Berlin.
Das Buch »Avantgarde der Computernutzung« basiert auf der Dissertationsschrift von Julia Gül Erdogan. Ihr Promotionsprojekt war Teil des von der Leibniz-Gemeinschaft geförderten Forschungsverbunds »Aufbrüche in die digitale Gesellschaft. Computerisierung und soziale Ordnungen in der Bundesrepublik und der DDR«. Nach ihrer Promotion wechselte Julia Gül Erdogan an die Universität Stuttgart. Ab August 2021 ist sie Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Fachgebiet Technikgeschichte an der TU Darmstadt. Hier forscht sie künftig im DFG-Projekt »Die Geschichte der Industrie 4.0. Fabrikkonzepte der Ingenieurswissenschaften in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts«.